Abschied von Küsterehepaar Tetzlaff

Aus drei geplanten Küsterjahren wurden über 30 Jahre

 

Eine Ära geht zu Ende: Am 27. Juni wurden Andrea und Burkhard Tetzlaff aus der Gemeinde Rupelrath und ihrem Küsterdienst an der Christuskirche verabschiedet. Burkhard wurde bereits 2017 pensioniert; für Andrea beginnt jetzt die passive Phase der Altersteilzeit. Ihren Rest-Urlaub im Juli nutzen sie, um nach Minden zu ziehen. Bevor sie ihre Wohnung neben dem Kirchturm endgültig verlassen, hat sich unser langjähriges Küster-Ehepaar noch Zeit für ein Gespräch mit Stefanie Mergehenn genommen.

Andrea, Du wurdest 1959 in Ostwestfalen geboren und Du, Burkhard, 1954 in Flensburg. Wie habt Ihr einander und wie habt Ihr nach Solingen-Aufderhöhe gefunden?

Burkhard: Kennengelernt haben wir uns in Hamburg während der gemeinsamen Krankenpflegeausbildung. Nach sechs Jahren als Polizeibeamter, also eine Art „Sozialarbeiter in Uniform“ in der Hansestadt, hat Gott mich in die Krankenpflege berufen.

Andrea: Ich wollte eigentlich nicht heiraten, sondern in eine medizinische christliche Arbeit im Ausland gehen.  Und jetzt sind wir seit 36 Jahren miteinander verheiratet! Ich hatte gerade eine Zusatz-Ausbildung zur Kinderkrankenschwester im Evangelischen Krankenhaus in Düsseldorf begonnen, als Burkhard ein Stellenangebot vom Lungenkrankenhaus Bethanien bekam. Eigentlich wollten wir gar nicht umziehen, aber wir haben dann – wie Gideon (Richter 6, 36-40) – mehrere „Vliese“ ausgelegt, und Gott hat alle unsere Bedingungen erfüllt. Inklusive einer Stelle für mich in der Lukasklinik und einer tollen Wohnung in Aufderhöhe, obwohl das damals schon schwer war.

Und wie hat es Euch nach Rupelrath verschlagen?

Burkhard: Wir kommen beide aus der Landeskirche – ich war in Geesthacht bei Hamburg der jüngste Presbyter meiner Gemeinde – , waren aber auch freikirchlich schon immer gut vernetzt. Als ich mit meiner Pflegedienstleiterin Schwester Ruth in Bethanien ins Gespräch kam, sagte sie: „Landeskirchlich? Dann gehen Sie am besten zu unseren Nachbarn in die Christuskirche!“

Andrea: Dort haben wir dann bei einem Spaziergang den Schaukasten studiert, als zufällig Pfarrer Ermen vorbeikam und uns ansprach. Und als Hans Wilhelm sagte: „Wir haben hier deshalb so eine lebendige Jugendarbeit, weil die Schwestern so viel für uns beten“, waren wir sehr beeindruckt, dass da keine Konkurrenz zwischen den beiden Gemeinden war, sondern die spürbare gemeinsame Mitte: Christus! Am Silvesterabend 1985 waren wir dann zum ersten Mal im Rupelrather Gottesdienst…

Burkhard: … der uns so gut gefallen hat, dass wir am nächsten Tag – damals gab es am Neujahrs-Nachmittag auch einen Gottesdienst – nochmal gegangen sind. Und da sind wir direkt von Rasemanns angesprochen worden, die es bemerkenswert fanden, dass ein ihnen unbekanntes Paar innerhalb von 24 Stunden gleich zwei Mal den Gottesdienst besucht.

Und dann seid Ihr ja ziemlich schnell in die Mitarbeit eingestiegen, oder?

Ja, wir wirkten in Hauskreisen mit und haben einen Büchertisch initiiert. Auch die Beziehungsarbeit für unsere Gemeinde-Kollekten lag uns immer sehr am Herzen. Da konnte Burkhard an vieles anknüpfen, was er während seiner Arbeit für OM gelernt hat (Anm. d. Red.: „Operation Mobilisation“ – ein Missionswerk, für das er einige Zeit auf dem Missionsschiff „Doulos“ unterwegs war). Das ist ja das Tolle an Rupelrath: Wenn man eine Idee hat, ist man direkt eingeladen, sie umzusetzen oder zumindest mal auszuprobieren!

Im Dezember 1989 kam dann die Anfrage, ob ihr Euch vorstellen könntet, zu „küstern“.

Da war unser Sohn Carsten gerade zwei Monate alt. Die langjährige Küsterin Lieselotte Bals wollte in den Ruhestand gehen, und Hans Wilhelm hat uns gefragt, ob wir das übernehmen könnten. Eigentlich passte uns das nicht so gut. Burkhard hatte gerade den nächsten Karrieresprung in der Klinik vor sich, Andrea hat total gern als Kinderkrankenschwester in der Lukasklinik gearbeitet und wir wohnten ja erst seit vier Jahren in unserer schönen Jugendstil-Wohnung. Aber wir haben dann gebetet und überlegt und gebetet. Und dann haben wir gesagt: Ok. Da wir aber eigentlich nach Hamburg zurückwollten, haben wir uns erstmal nur für drei bis fünf Jahre verpflichtet. Und daraus sind jetzt 31 Jahre geworden! Burkhard ist aber weiterhin mit halber Stelle in Bethanien geblieben – erst im Krankenhaus und dann im ambulanten Dienst „Bethanien mobil“.

Im Sommer 1990 seid Ihr dann in den Küsterdienst eingeführt worden – und Carsten wurde am selben Tag gesegnet.

Übrigens das erste Kind in der Christuskirche, das nicht getauft, sondern gesegnet wurde! Carsten ist durch die Kinder- und Jugendarbeit hier sehr positiv geprägt worden. Inzwischen ist er Kinderkrankenpfleger und lebt mit seiner Frau Christina und dem neun Monate alten Sohn Nael in Duisburg.

Auch wir wurden für unseren Dienst gesegnet – mit Versen, die uns eine Bestätigung waren, dass Gott uns auf diese Stelle berufen hat. Diese Bibelworte haben uns in all den Jahren getragen. Andrea bekam Josua 1,9 zugesprochen und Burkhard Johannes 15,16.

Ihr habt ja in der Tat „viel Frucht“ gebracht. Euch war von Anfang an wichtig, dass ihr kein „klerikales Hausmeister-Ehepaar“ seid, sondern dass Ihr etwas bewirken wollt, oder?

Ja, wir haben direkt gesagt: „Wir kommen hier nicht hin, um Schlüssel zu verteilen und Glocken zu läuten, sondern um Gemeinde aufzubauen!“ Und es war toll, dass Hans Wilhelm und das Presbyterium uns so viel haben machen lassen. Wir sind direkt integriert worden in die Dienstgemeinschaft und haben an wesentlichen Entscheidungen mitgewirkt. Und wir konnten nicht nur unsere Ideen, sondern auch unsere Begabungen einbringen. Ab 1991 haben wir beispielsweise an der Ehevorbereitungsarbeit von „standup e.V.“ mitgewirkt. Die Gemeinde hat uns für die Mitarbeit in den Verlobten-Seminaren freigestellt.

Außerdem hat die Gemeinde ja sehr von Burkhards handwerklichen Fähigkeiten profitiert. Ich erinnere mich zum Beispiel an das tolle Schiff, dass Du mal für das Kiwi-Theaterstück zur Sturmstillung gebaut hast! Und die eigentlich ja nur provisorische Bühne zur Erweiterung des Altarraums hat uns ja dann auch viele Jahre gute Dienste geleistet.

Burkhard: Das hat mir natürlich leid getan, als viel Bewährtes im Rahmen des Kirchenumbaus demontiert wurde. Da und in anderen Bereichen musste ich das Loslassen lernen. Entscheidend sind ja die geistlichen Früchte, die bleiben!

Welche „Früchte“ faszinieren Euch rückblickend besonders?

Andrea: Ich bin total begeistern von den vielen kostbaren und begabten ehrenamtlich Mitarbeitenden aller Generationen, die wir in Rupelrath haben. Besonders glücklich machen mich die jungen Leute, die sich hier einbringen.

Burkhard: Ich denke daran, wie nach einem Konzert mit Lothar Kosse der Gedanke zu „On Fire“ entstand. Und dass da nach ein paar Monaten über 500 Jugendliche in der Christuskirche Gott begegneten und Feuer fingen – für ihn, für den Glauben! Aus Platzgründen musste „On Fire“ ins Getaway umziehen, mit bis zu 800 Jugendlichen aus der ganzen Region!

Andrea: Hans Wilhelm hat ja gern gesagt: „Wir sind keine großartige Gemeinde, sondern wir sind eine Gemeinde mit einem großartigen Gott!“ Einer meiner Lieblingstexte in der Bibel ist die Speisung der Fünftausend aus Markus 6: Wenn man Jesus das Wenige gibt, was man hat, dann kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus, was er daraus macht! Und das haben wir in Rupelrath ganz oft erlebt. Selbst wenn wir erstmal keine Lösungen sehen, ist Gott immer größer als jedes Problem, das wir zu haben glauben.

Stichwort „Probleme“: Wo hat’s aus Eurer Sicht denn mal gehakt?

Burkhard: Meine Stellung auch im Presbyterium über 25 Jahre hat beinhaltet, dass man sich auch mal aneinander reiben musste, wenn man unterschiedlicher Meinung war. Da musste ich mich manchmal durchsetzen – vor allem, wenn es um die Sicherheit ging. Wichtig ist aber, dass man sich nach einem Streit versöhnen und dann gemeinsam weitergehen kann.

Andrea: Wo Menschen eng miteinander an Gottes Reich arbeiten, kommt es hin und wieder zu Hakeleien. Das löst sich dann aber irgendwie.

Und welche Anekdoten gibt’s nach über 30 Küsterjahren zu erzählen?

Burkhard: Vor dem Einzug in die Küsterwohnung musste alles renoviert werden. Dabei bekam ich eine vermeintlich stillgelegte Elektroleitung zu fassen und löste beim Durchkneifen einen Knall und heftiges Lichtflackern im ganzen Haus aus. Worauf Pfarrer Ermen, der gerade im Gemeindesaal darunter mit der Frauenhilfe zusammensaß, nur trocken meinte: Das ist unser neuer Küster!

Andrea: Ich erinnere mich an einen älteren Mann, der an Heiligabend auf einmal durch unsere Wohnung stapfte auf der verzweifelten Suche nach der Empore…

Was werdet Ihr vermissen?

Andrea: Die kostbaren Menschen, mit denen wir an so vielen Ecken in Aufderhöhe so viel Schönes erleben durften. Und meinen Lieblingsplatz an der Kirchentür, wenn ich sonntags die Gottesdienst-Besucher begrüßen durfte.

Burkhard: Die herrliche Umgebung, die Nähe zum Wald und das Privileg, immer mittendrin zu sein. Und die vielen guten Begegnungen im Stadtteil durch den Küsterdienst, aber auch den Pflegedienst.

Ein Blick nach vorn: Warum zieht Ihr ausgerechnet nach Minden?

Andrea: Dort lebt meine 87-jährige Mutter. Zu ihr haben wir ein sehr enges Verhältnis.  Und direkt nebenan gehört uns ein vererbtes schönes Haus…

Burkhard:  ...das fast an ein Naturschutzgebiet grenzt. Dort ziehen wir jetzt ein. Die evangelikal geprägte Lutherische Kirchengemeinde vor Ort mit ähnlicher Genetik wie Rupelrath kennen wir auch  schon.

Andrea: Dort bin ich bereits in einem Hauskreis. Außerdem leben einige meiner Verwandten in Minden und Umgebung – wir werden also erwartet. Das ist Gottes Handschrift in unserem Leben!

Und was wünscht Ihr uns in Rupelrath zum Abschied?

Andrea: Dass sich die Gemeinde weiterhin an Gott orientiert. Dass sie ihre Vielfalt bewahrt, was die Generationen und Gaben betrifft. Dass sie weiterhin ganz hohe Erwartungen in Gott setzt und erlebt, dass ER treu und gnädig ist und bleibt.

Burkhard: Ich wünsche Rupelrath, dass man sich des Segens bewusst ist, der hier schon auf so vielfältige Weise erlebbar wurde und wird. Ich glaube, Gott hat einen Narren an dieser Gemeinde gefressen!

Herzlichen Dank für das Gespräch, Ihr Lieben – und Gottes Segen für Euch und durch Euch in Eurer neuen Heimat!

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